Eine Frage des Managements
Erfolgreiche Kälberaufzucht mit Vollmilch
Vollmilch ist ein hochwertiges Futtermittel, das den Bedarf des Kalbes voll und ganz deckt. Durch das Vertränken von Vollmilch werden Arbeit, Zeit und auch noch Geld gespart. Dies sind die häufigst genannten Gründe, warum Betriebe die Kälber ausschließlich mit Vollmilch tränken. Dominique Jeske, Produktmanagerin Miravit, erläutert die Fakten rund um das Thema Vollmilch.
Ist Vollmilch immer zu empfehlen?
Jeske: Um die Frage zu beantworten, muss zunächst der Begriff Vollmilch geklärt werden. Häufig geht es bei der Vollmilch, die an die Kälber vertränkt wird, nicht nur um qualitativ hochwertige Rohmilch, sondern auch um nicht vermarktungsfähige Milch. Zu nicht vermarktungsfähiger Milch zählen zum Beispiel Kolostrum, aber auch Milch von einer an Mastitis erkrankten oder mit Antibiotika behandelten Kuh. Den Einsatz von Milch von erkrankten oder behandelten Tieren lehne ich ab, da schon geringste Mengen an pharmakologischen Substanzen Resistenzen bei den Tieren hervorrufen können.
Das heißt Milchaustauscher ist doch besser als Vollmilch?
Jeske: Wichtig ist es, die Unterschiede zu kennen und sich für ein System zu entscheiden, das zum Betrieb passt. Beide Fütterungsstrategien können gut funktionieren, wenn sie auf dem Betrieb als eigenständiges System etabliert sind.
Was meinen Sie mit eigenständigem System? Vollmilch melken und vertränken reicht nicht?
Jeske: So einfach ist es nicht. Bei der rationierten Tränke ist es schon eine Herausforderung, die passende Tränketemperatur einzuhalten. Optimal wäre eine Temperatur von zirka 39 °C. Wenn die Milch pasteurisiert wird, um den Keimdruck möglichst gering zu halten, wird sie je nach Verfahren kurzzeitig auf 62 °C bis maximal 65 °C erhitzt. Ein Abkühlen vor dem Tränken ist notwendig. Durch das Pasteurisieren wird der Keimgehalt deutlich reduziert, je nach Verfahren verbleibt aber ein geringer Anteil an Keimen in der Milch. Das Abkühlen bringt die Gefahr mit sich, dass sich die Keime über einen längeren Zeitraum in warmer Milch befinden, die für diese ein optimales Brutmedium darstellt. Wenn man qualitativ hochwertige Milch hat, ist es am besten, diese nach dem Melken kurz zu erwärmen und direkt zu vertränken. So bleibt den Keimen nur ein geringes Zeitfenster, sich zu vermehren.
Wie kann die Milch gleichzeitig warm und ad libitum zur Verfügung stehen?
Jeske: Wenn die Milch ad libitum zur Verfügung steht, muss diese nicht warm gehalten werden. Die Kälber wissen, dass ständig Milch zur Verfügung steht, und trinken kleine Mahlzeiten über den Tag verteilt. Um das Keimwachstum einzuschränken und die Verdauung der Kälber zu unterstützen, sollte die Milch angesäuert werden. Hierfür eignet sich der Einsatz von pulverförmigen Säuren, wie Miravit MilchStabil. Ein Vorteil gegenüber dem Einsatz reiner Ameisensäure ist, dass Miravit MilchStabil nach Futtermittelhygieneverordnung nicht dokumentiert werden muss.
Jeske: Bei der Vollmilchtränke werden die Kälber zu 100 Prozent mit Milchprotein versorgt. Das Enzymsystem der Kälber ist anfangs auch darauf ausgelegt, diese Proteine zu verwerten. Die Enzyme, um pflanzliche Proteine verwerten zu können, bilden sich erst nach und nach aus. Deshalb kann der Einsatz eines Milchaustauschers mit pflanzlichen Proteinen in der Anfangszeit zu Verdauungsproblemen führen. Betrachtet man also die Proteinquellen, sind Vollmilch und Milchaustauscher nur dann vergleichbar, wenn ein Milchaustauscher mit mindestens 40 Prozent Magermilchpulver, ohne pflanzliche Proteine, eingesetzt wird. Während in Vollmilch aber zum Beispiel nur zirka 0,55 Milligramm Eisen pro Liter Tränke enthalten sind, sind es bei einem durchschnittlichen Milchaustauscher 15 Milligramm Eisen pro Liter Tränke. Der Bedarf eines Kalbes liegt bei 100 Milligramm Eisen pro Tier und Tag. Wenn Vollmilch als alleinige Tränke vertränkt wird, müsste ein Kalb 200 Liter aufnehmen, um ausreichend mit Eisen versorgt zu werden. Daraus ergibt sich, dass Vollmilch immer mit einem passenden Ergänzungsfuttermittel aufgewertet werden muss. Nur so kann der Bedarf an Eisen, anderen Spurenelementen und Vitaminen ausreichend gedeckt werden. Hier hat sich das Produkt Miravit MilkIdeal als Vollmilchaufwerter bewährt.
Wie sieht es mit den Kosten aus?
Jeske: Bei vergleichbarer Energieversorgung müssten entweder 6,5 Liter Vollmilch oder ein Kilogramm eines gleichwertigen Milchaustauschers pro Kalb und Tag eingesetzt werden. Wird verkehrsfähige Milch eingesetzt, sind die Kosten von Vollmilch, inklusive Miravit MilkIdeal, in etwa gleich der Kosten für die entsprechende Menge Milchaustauscher. Setzt man zulässige, nicht vermarktungsfähige Milch, wie Kolostrum, ein, sind die Kosten geringer. Trotzdem sollte eine Entscheidung für oder gegen ein System nicht nur aufgrund der primär verursachten Kosten getroffen werden. Beide Systeme können zu einer erfolgreichen Aufzucht beitragen, wenn sie richtig genutzt werden und zum Betriebsmanagement passen.
Weitere Infos gibt es bei Dominique Jeske, Telefon 0173 . 7293226 oder dominique.jeske@agravis.de.